Kurzurlaub im Alltag – Overnighter auf die Tutzigner Hütte
An einem Montag Anfang Juni erfuhr ich mittags, dass ein für 16:00 bis 18:00 geplantes Meeting abgesagt ist. Ein Blick auf den Wetterbericht, zwei Anrufe und der Plan steht: Ich mache einen Overnighter! Die Idee schwirrt schon lange in meinem Kopf umher. Bisher ist allerdings jedes Mal etwas dazwischengekommen: eine Projekt-Deadline, ein Gewitter, Ruhetag der Hütte, niemand der mitkommen wollte.
Egal. Ich mache das jetzt. Alleine.
Diesmal passt das Wetter – 0% Gewitter- und Regenwahrscheinlichkeit, die Arbeit lässt einen frühen Feierabend zu und auch ein Schlafplätzchen in der Hütte meiner Wahl – die Tutzinger Hütte; mit der habe ich noch eine Rechnung offen, aber das ist eine andere Geschichte – ist auch frei! Nur Begleitung finde ich so spontan keine. Egal. Ich mache das jetzt. Alleine.
Die Mittagspause lasse ich ausfallen. Ich legte mir einen Zettel neben den Laptop und notiere alles was mir einfällt und nicht vergessen darf: Bargeld, DAV-Ausweis, Hüttenschlafsack, Handtuch, Schlafanzug, Zahnbürste, Flipflops.
Um 16:00 klappe ich den Laptop zu. Eine Viertelstunde später ist alles, was auf dem Zettel steht im Rucksack gepackt, weitere 5 Minuten später habe ich meine Bikeklamotten an und mache mich auf dem Weg zum Münchner Hauptbahnhof. Um kurz vor fünf fährt die Regionalbahn ab und um 18:00 komme ich in Benediktbeuern an. Mein Micro Adventure beginnt!
Eine kleine Hochebene tritt in mein Blickfeld – und die Brotzeit vor mein inneres Auge
Etwa 800 Höhenmeter liegen zwischen mir und der Tutzinger Hütte. Am Lainbach geht’s im Schatten auf gut markierten breiten Schotterwegen bei meist angenehmer Steigung hinauf. Zwischendrin gibt es ein steiles Stück mit grobem Schotter und grossen Steinen – da schiebe ich. Die letzten etwa 200 Höhenmeter von der Materialseilbahn bis zur Tutzinger Hütte trage ich mein Radl. Der Trail ist für Biker gesperrt – wer nicht tragen mag, kann sein Radl auch einfach an der Materialseilbahn abschliessen und ohne grosses Gepäck hochlaufen. Ich hatte im Vorfeld die Tutzinger Hütte gefragt, ob ich mein Radl auch mit hochnehmen darf, weil ich besser schlafe, wenn ich mein Radl in meiner Nähe weiss 😉
Um kurz vor acht öffnet sich eine kleine Hochebene vor mir und die Tutzinger Hütte tritt in mein Blickfeld – und die Brotzeit vor mein inneres Auge. Warme Küche gibt es bis 19:30 – dass ich das nicht schaffen werde, hatte ich vermutet und daher vorab gefragt, ob ich auch später noch etwas zu essen bekommen könnte. Die Hüttenwirtin bot mir am Telefon an, mir ein Käsebrett vorzubereiten. Darauf hatte ich mich spätestens die letzten 200 Höhenmeter gefreut 😉
Trailspass zum Frühstück
Ganz ohne Wecker – der war für 5:40 gestellt – wache ich um 5:24 auf. Meine Zimmergenossin ist schon aufgestanden, ich treffe sie vor der Hütte. Gut für mich: so bekomme ich noch ein Erinnerungsfoto von mir vor der Tutzinger Hütte 😉
Ohne Frühstück – um 6 Uhr kann ich noch nichts essen; ausserdem geht es ja nur bergab – fahre ich über einen schönen flowigen Trail zurück ins Tal und komme eine knappe Stunde später in Benediktbeuern am Bahnhof an – pünktlich zur Abfahrt der Regionalbahn um 6:51. Um 9:00 sitze ich frischgeduscht und voller Bergenergie mit Kaffee am Laptop im Homeoffice 😊
Mein Micro Adventure hat mir Energie geschenkt und die Erkenntnis, dass sich Alltag und kleine Abenteuer nicht ausschliessen.
Es kostet ein wenig Überwindung, früh Feierabend zu machen und Aufgaben auf den nächsten Tag zu schieben – zumindest mich. Mit jedem Meter, den ich mich von München entfernte, verblassten auch die Gedanken an die Arbeit. Kaum pedalierte ich am Lainbach entlang bergauf Richtung Benediktenwand und Tutzinger Hütte, war ich im hier und jetzt angekommen. Die Ruhe auf der Tutzingerhütte tat ihr übriges (neben den beiden Wirtsleuten und mir war nur noch eine Wanderin da). Auf der Zugfahrt am nächsten Morgen kamen die Gedanken an die Arbeit und andere Alltagsthemen allmählich wieder zurück – aber das war ok. Meine Lungen waren gefüllt mit Bergluft, mein Kopf voller Endorphine und mein Herz einfach nur voller Dankbarkeit und Zufriedenheit. Mein Micro Adventure hat mir so viel mehr Energie geschenkt als es mich Zeit «gekostet» hat. Und die Erkenntnis, dass sich Arbeitsalltag und kleine Abenteuer nicht ausschliessen.
Anmerkung: Ich stelle euch dieses Alltagsabenteuer vor in der Hoffnung, euch damit zu eigenen Micoradventures zu inspirieren! Alle anfallenden Kosten habe ich selber bezahlt.
Hintergrundinformationen & Tipps
Anfahrt, Auffahrt und Abfahrt: Ausgangspunkt der Tour ist Benediktbeuern. Ich bin ganz entspannt mit dem Zug angereist – von München aus dauert das eine gute Stunde – und die Tour "Von Benediktbeuern zur Tutzinger Hütte" nachgefahren.
Kosten:
Zugticket: 11,75 Euro pro Fahrt mit BahnCard 25
Fahrrad Ticket: 5,50 Euro pro Fahrt
Hüttenübernachtung im Lager ohne Frühstück: 8 Euro für Alpenvereins-Mitglieder
Käsebrettl: 7,50 Euro
Sonstiges: Hüttenschlafsack und Handtuch nicht vergessen! Und falls es absehbar ist, dass ihr es nicht pünktlich zu den Essenszeiten auf die Tutzinger Hütte schafft, vorab klären, ob ihr auch später noch etwas zu essen bekommt. Hungrig schläft es sich schlecht...
Wer eine Mischung aus urig und modern, einfach und dezent luxuriös bevozugt, dem empfehle ich einen Overnighter auf das Berghotel Altes Wallberghaus – ebenfalls von mir getestet und für „sehr gut“ befunden.
Was sind eure Alltagsfluchten? Falls euch der Blogbeitrag zu einem Alltagsabenteuer inspiriert hat - lasst mich wissen wozu :)