"Wir hoffen, dass sich die Saison in den Spätsommer und Herbst ausdehnt“ - Interview mit Daniel vom DaSilva Bike & Surf Camp in Portugal

"Wir hoffen, dass sich die Saison in den Spätsommer und Herbst ausdehnt“ - Interview mit Daniel vom DaSilva Bike & Surf Camp in Portugal

Hallo Daniel, mit deiner Frau Ana betreibst du das Surf und Bike Camp Da Silva in Portugal. Ohne den Ausbruch von COVID-19 wären Michael und ich Ende Mai zu euch gereist und hätten das Camp und die Trails erkundet. Wir werden das natürlich nachholen, wenn Urlaubsreisen wieder unbedenklich sind! Worauf können wir uns freuen?

Ja, wirklich sehr schade, dass das diesen Frühling nicht geklappt hat. Aber aufgeschoben ist zum Glück nicht aufgehoben! Wenn es dann endlich mit Eurem Besuch bei uns klappt, kann ich Euch versprechen, dass ihr davon überrascht sein werdet, wie vielseitig Portugal als Mountainbike-Reiseziel sein kann. Wir befinden uns ja direkt an der portugiesischen Atlantikküste, so dass es sich anbietet, die schönen Trails an der Steilküste mit tollem Blick über einsame Sandstrände zu fahren, aber sobald man sich ein paar Kilometer ins Landesinnere begibt, eröffnet sich einem eine sehr abwechslungsreiche und urige Landschaft mit teilweise anspruchsvollen Singletrails. Einige etwas höhere Berge bei uns in der Nähe bieten sogar ausgebaute Downhill-Strecken und die Touren dorthin bringen auch ambitionierte Mountainbiker zum Schwitzen. Das riesige und weitläufig angelegte Surfcamp ist eine kleine Oase der Entspannung - umgeben von nichts weiter als Wiesen und Hügeln. Mit Blick auf den Atlantik ist das Camp ein typisches, portugiesisches Landhaus - rustikal und mit viel Liebe zum Detail hergerichtet. Und es gibt außer dem Mountainbiken genügend Alternativen zum Zeitvertreib - im Camp eigenen Stall mit den Pferden zum Beispiel, im Dinopark, auf der Kartbahn oder bei einem Surf-Schnupperkurs an einem der traumhaften Sandstrände bei uns in der Nähe, gefolgt von einer entspannenden Yoga-Session. 

Am 11. März 2020 hat die WHO den COVID-19-Ausbruch offiziell zu einer Pandemie erklärt. Seitdem hat sich unser aller Leben stark verändert. Welche Auswirkungen hat das auf euer Unternehmen, das Da Silva Surf und Bike Camp?

Aufgrund der aktuellen Situation bieten wir unseren Gästen jederzeit eine kostenlose Umbuchung bis Ende 2021 an, falls Flüge storniert werden, es eine Reisewarnung für Portugal gibt oder ähnliches. Das ist allerdings finanziell nicht gerade einfach für uns, da wir am Anfang des Jahres von den Anzahlungen für die kommende Saison und den ersten Buchungen im Frühling leben und nun alle Buchungen bis Mitte Juni abgesagt werden mussten. Wir haben also keine Einnahmen und müssen gucken, wie wir unsere laufenden Kosten bezahlen. Man kann dem Ganzen aber auch positive Seiten abgewinnen. Wir haben z.B. in den letzten Wochen viel Zeit gehabt, um unser Haus komplett auf Vordermann zu bringen. Alles ist frisch gestrichen, aufgeräumt, umgeräumt, neu dekoriert und erstrahlt in neuem Glanz. Was bleibt uns übrig, als optimistisch zu bleiben und auf eine super Sommersaison zu hoffen, die sich in einen ausgiebigen Spätsommer und Herbst ausdehnen wird, der alle Umsatzeinbußen wieder reinholt? Auf jeden Fall freuen wir uns schon alle sehr auf die Zeit „danach“…

Ihr seid eine fünfköpfige Familie. Wie beeinflusst das Coronavirus euer Leben? Wie gehen eure drei Kinder mit den Veränderungen um?

Als Familie hat sich für uns natürlich vieles verändert. Der morgendliche Stress, die drei Kids zur Schule und zum Kindergarten zu bringen, bleibt jetzt zwar aus, dafür steht für die beiden Mädels Homeschooling an, während unser Kleinster unter dem Schreibtisch rumkrabbelt und bespaßt werden will. Für den Haushalt und Homeoffice wird es da auch zu zweit ziemlich eng. Davon abgesehen haben wir nun mehr Zeit für einander. Unser Familienleben blüht jedenfalls geradezu auf. Nur mit meinen Eltern - unsere Nachbarn - müssen wir leider aus den bekannten Gründen auf Distanz bleiben, aber wir sehen uns jeden Tag und unterhalten uns über die Mauer von ihrem Innenhof. Meine älteste Tochter Jorgina - sie ist 18 - lebt in Berlin bei ihrer Mutter und macht gerade Abitur. Dabei kann ich sie im Moment nur telefonisch etwas unterstützen, was mich sehr traurig macht, aber wenn sie ihr Abi in der Tasche hat, wird sie den ganzen Sommer bei uns verbringen und hoffentlich jeden Tag mit mir mountainbiken oder surfen. Ansonsten traut sich allmählich auch wieder der eine oder andere portugiesische Freund von uns, zu einem Grillabend in kleinem Kreis bei uns vorbei zu schauen. Unsere beiden österreichischen „TeamerInnen“ vereinsamen allerdings allmählich und freuen sich schon sehr auf die ersten „echten“ Gäste und unser berühmt-berüchtigtes Welcome-BBQ. 

Wann hattet ihr zuletzt Gäste?

Unsere letzten Gäste sind am Ende der vorigen Saison, also Anfang November 2019 abgereist. Die ersten Gäste hätten dieses Jahr Mitte März anreisen sollen. Da hat uns aber ein ganz kleiner Fiesling einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht.

Wie sah ein normaler Arbeitstag im Mai letzten Jahres für dich aus?

Meistens kümmere ich mich morgens früh als erstes um meine Emails und beantworte Buchungsanfragen, etc., um mich dann nach einem üppigen Frühstück mit unseren MTB-Gästen zu treffen. Dann geht es entweder direkt von unserem Camp auf die Trails in der näheren Umgebung oder wir laden die Bikes in unseren Shuttle-bus und fahren in andere Bike-Gebiete. Wir fahren meistens 40-60 km und kommen dabei auf 800-1200 Höhenmeter. Der größte Teil davon ist eher Cross-Country, es ist aber auch immer etwas Enduro und teilweise sogar ein bisschen Downhill dabei. Das hängt vor allem von den Wünschen und Ansprüchen unserer Teilnehmer ab, nach denen wir uns gern richten. Es sollte aber immer für jeden etwas dabei sein. Ansonsten gilt natürlich immer, dass der langsamste das Tempo bestimmt. Wenn wir von den Touren zurückkommen, können unsere Gäste nach der Dusche bei uns im Camp chillen und sich auf das Abendessen freuen, während auf mich bereits alle möglichen Dinge warten, um die man sich als Gastgeber so kümmern muss. Nach dem Abendessen versuche ich mir dann immer noch etwas Zeit dafür zu nehmen, mit den Gästen die Tour für den nächsten Tag durchzusprechen, damit jeder weiß, was ihn erwartet.

Das hört sich nach einem sehr fordernden Arbeitsalltag an! Wie sieht ein normaler Arbeitstag im Mai 2020 für dich aus?

Tja, so ganz ohne Gäste komme ich natürlich weniger zum Mountainbiken, was ich sehr bedauere. Im Moment ist es aber wichtiger, mich um etwas Webmarketing und ähnliches zu kümmern. Leider machen die ganzen Stornierungen und Umbuchungen auch noch viel zusätzliche Arbeit, ohne dass man etwas daran verdient. Das ist besonders unbefriedigend. Die eine oder andere Tour muss ich aber fahren, um nicht völlig unfit zu werden. Sonntags fahre ich meistens mit einer portugiesischen Local-MTB-Gruppe, die immer mittags zuhause sein müssen, um sich um ihre Familien zu kümmern, was ich natürlich dann auch so mache. Diesen Termin weiß ich inzwischen sehr zu schätzen, weil ich so wenigstens einmal die Woche zum Biken „gezwungen“ werde. 

Welche Hygienemaßnahmen setzt ihr in eurem Camp um?

Abgesehen von den üblichen Maßnahmen, wie die komplette Desinfektion der Räume, desinfizierte Handtücher und Bettwäsche vor jeder Anreise, Bereitstellung von Desinfektionsmittel in den Gemeinschaftsbereichen usw., werden wir die im Preis enthaltenen Mahlzeiten (tägliches Frühstück und 2x BBQ pro Woche) nicht mehr als Buffet anbieten, sondern unseren Gästen wie in einem Café oder Restaurant an den Tischen im Außenbereich servieren. Unsere Gemeinschaftsküche darf nur noch von unserem Team betreten werden. Die Mehrbettzimmer werden wir nicht mehr an Leute vermieten, die sich vorher nicht kannten, sondern nur noch an Familien oder kleine befreundete Gruppen. In unsere beliebte Bar können wir auch nur noch eine begrenzte Anzahl von Leuten reinlassen. Der Vorteil unserer gemütlichen Holzhäuschen, den Tiny Houses, ist, dass man eine eigene kleine Küche hat und sich das Frühstück dort selbst zubereiten kann. Dafür befüllen wir den Kühlschrank ausreichend vor jeder Anreise. Abends kann man Essen bestellen oder in eines der vielen guten Restaurants am Strand gehen. Ansonsten empfehlen wir allen unseren Gästen dieses Jahr lieber einen Mietwagen zu nehmen, um bei den Ausflügen nicht mit den anderen Gästen eng im Shuttlebus sitzen zu müssen.

Das DaSilva Bike & Surf Camp in Portugal

Das DaSilva Bike & Surf Camp in Portugal

Gibt es in Portugal Unterstützung für kleine Tourismus-Unternehmen wie eures? Wenn ja, wie sieht diese aus? Inwieweit hilft sie euch? 

Die portugiesische Tourismusbehörde bietet zinsfreie Kredite an, die man erst nach 12 Monaten anfangen muss abzuzahlen. Das ist nicht schlecht, aber um den zu beantragen, musste ich einen riesigen Papierberg überwinden und nach inzwischen über 2 Monaten ist immer noch unklar, ob und wann der Kredit bewilligt wird. Von der Sozialversicherung gab es einen kleinen Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin. Zum Glück konnten uns meine Eltern finanziell etwas unter die Arme greifen, sonst wäre die Situation ziemlich aussichtslos. Es wird jedenfalls dringend Zeit, dass die ersten Gäste anreisen und das Geschäft wieder ankurbeln.

Wenn du dich in die Zukunft versetzt, in eine Zeit, in der wir wieder unbeschwert reisen können – wie stellst du dir das Da Silva Surf und Bike Camp vor?

Eigentlich wäre es mir am liebsten, wenn alles so schnell wie möglich wieder so werden würde, wie es vorher war. Aber das ist wohl Wunschdenken. Ich denke, die Konsequenzen dieser Krise werden uns noch eine ganze Weile beschäftigen. Wenn wir dann allmählich zur Normalität zurückkehren, wäre ich froh, wenn wir wieder regelmäßig ein paar nette Gäste zum Mountainbiken haben, mit denen ich ein paar schöne Touren fahren kann. Es macht mir viel Spaß, den Leuten unser schönes Land, das freundliche Volk und seine bemerkenswerte Kultur zu zeigen. Wenn sich dabei noch der eine oder andere Mountainbiker vom Surfen begeistern lässt, würde ich sagen: Perfect Match!

Ich bin jetzt einfach unterwegs. Ein Praxisbericht über die Umrüstung auf den Shimano XT 12-fach Antrieb

Ich bin jetzt einfach unterwegs. Ein Praxisbericht über die Umrüstung auf den Shimano XT 12-fach Antrieb

Fahrradversicherung – so gehst du das Thema strukturiert an

Fahrradversicherung – so gehst du das Thema strukturiert an